Alexander Holl hat auf seinem äußerst empfehlenswerten Performance Marketing Blog einen spannenden Artikel zur Erfolgsmessung bei SEO-Projekten verfasst.
Dabei stellt er letztendlich eine Rechnung auf Basis eines A-B-Szenarios für eine rein abverkaufsorientierte Website an; Branding-Effekte oder wiederkehrende Besucher werden, der Einfachheit halber, nicht berücksichtigt.
Der Fall A lautet: Wir geben einmalig 5.000 Euro für SEO aus, erhalten dafür (wiederum einmalig) 25.000 Clicks aus Suchmaschinen und erzielen damit 625 Sales, was einen CPA (Cost per Acquisition) von 8,00 Euro ergibt.
Das alternative Szenario B hingegen sieht so aus: Wir geben einmalig 29.000 Euro aus, erhalten dafür 39.688 Clicks – weil wir sowohl die Anzahl der gut platzierten Keywords gesteigert haben als auch die Klickrate auf den SERPs; damit erreichen wir 992 Sales, also 367 mehr als im Fall A. Der CPA für diese Extraverkäufe beläuft sich auf gut 65 Euro – in der Tat ein schlechter Return on Invest bei einem (in der Beschreibung des Szenarios) angenommenen maximalen CPA von 50 Euro.
Ich habe diese Rechnung hier mit eigenen Worten wiederholt, weil mir in Alexanders Darstellung ein wesentliches Detail fehlte: Die Zeitkomponente. Die Zahlen für die Clicks und Sales suggerieren, dass es sich um monatliche Werte handelt – jedenfalls war das beim ersten Lesen meine Wahrnehmung – während die dagegen gerechneten Kosten für die zusätzlichen SEO-Maßnahmen ganz offensichtlich einmalige Kosten sind. Möchte man also den Effekt der zusätzlichen SEO-Ausgaben von 24.000 Euro ermitteln, muss man bewerten, was diese Zusatzausgaben insgesamt, also über die gesamte Wirkungszeit der Maßnahmen, erbringen.
Dieser, nennen wir ihn mal „Total Return on Invest“ ist für SEO-Maßnahmen aber ähnlich schwierig zu ermitteln wie für vergleichbare PR-Aktivitäten in der Offline-Welt. Linkaufbau und Onpage-Optimierung zeigen für gewöhnlich Auswirkungen über Jahre hinweg. Allerdings machen es die im Originalartikel sehr schön dargestellten nicht kontrollierbaren Einflussgrößen (von Googles Algorithmusänderungen bis zum Fußball-Sommermärchen) mit zunehmender Fortdauer immer schwieriger, den aktuellen Suchmaschinentraffic ursächlich auf die Auswirkungen der früheren SEO-Maßnahmen zurückzuführen.
Deshalb halte ich die Aussagekraft der möglichen Messgrößen für SEO-Kampagnen für recht beschränkt. Woher weiß ich denn im oben geschilderten A-B-Szenario, dass die zusätzlichen gut 14.000 Klicks auf die 24.000 Euro teure SEO-Kampagne zurückzuführen sind? Womöglich haben ein, zwei hochwertige Links, die der Geschäftsführer auf dem Golfplatz seinem Kollegen abgeschwatzt hat zu verbesserten Positionen und damit zur gemessenen Steigerung der Klicks geführt. Und warum kann ich umgekehrt davon ausgehen, dass die 25.000 Klicks im A-Szenario wirklich eingetreten wären? Vielleicht stand der Website gerade ein deutlicher Absturz in Google bevor, der durch die neuen Maßnahmen eben noch aufgefangen wurde.
Auf den Punkt gebracht heißt das: Für SEM-Kampagnen kann ich derartige Rechnungen wunderbar anstellen, da ich die entscheidenden Größen punktgenau kontrollieren kann. Damit ist es möglich, für ein A-B-Szenario die Fälle A und B einzeln durchzuspielen und die Ergebnisse zu vergleichen. Natürlich kann ich ein derartiges A-B-Szenario auch im SEO-Business durchrechnen, aber ich kann immer nur einen der beiden Fälle realisieren. Für einen Vergleich muss ich die Ergebnisse des anderen, nicht realisierten Falls schlicht und ergreifend schätzen. Die Güte meiner Berechnung hängt dann aber komplett von der Genauigkeit meiner Schätzung ab, die ich aber prinzipbedingt niemals überprüfen kann.
Das soll nun aber nicht bedeuten, dass ich für SEO-Maßnahmen jede Return on Invest-Betrachtung ablehne; das wäre für einen Consultant eine recht schwierige Haltung. Ich muss aber mir – und vor allem den Kunden – klar machen, dass derartige Rechnungen nur eine höchst grobe Annäherung an die Wirklichkeit sein können.