Technisches SEO und digitale Strategie

Archiv 07 / 2008

Erfolgsmessung für Suchmaschinenoptimierung

2008-07-25

Alexander Holl hat auf seinem äußerst empfehlenswerten Performance Marketing Blog einen spannenden Artikel zur Erfolgsmessung bei SEO-Projekten verfasst.

Dabei stellt er letztendlich eine Rechnung auf Basis eines A-B-Szenarios für eine rein abverkaufsorientierte Website an; Branding-Effekte oder wiederkehrende Besucher werden, der Einfachheit halber, nicht berücksichtigt.

Der Fall A lautet: Wir geben einmalig 5.000 Euro für SEO aus, erhalten dafür (wiederum einmalig) 25.000 Clicks aus Suchmaschinen und erzielen damit 625 Sales, was einen CPA (Cost per Acquisition) von 8,00 Euro ergibt.
Das alternative Szenario B hingegen sieht so aus: Wir geben einmalig 29.000 Euro aus, erhalten dafür 39.688 Clicks – weil wir sowohl die Anzahl der gut platzierten Keywords gesteigert haben als auch die Klickrate auf den SERPs; damit erreichen wir 992 Sales, also 367 mehr als im Fall A. Der CPA für diese Extraverkäufe beläuft sich auf gut 65 Euro – in der Tat ein schlechter Return on Invest bei einem (in der Beschreibung des Szenarios) angenommenen maximalen CPA von 50 Euro.

Ich habe diese Rechnung hier mit eigenen Worten wiederholt, weil mir in Alexanders Darstellung ein wesentliches Detail fehlte: Die Zeitkomponente. Die Zahlen für die Clicks und Sales suggerieren, dass es sich um monatliche Werte handelt – jedenfalls war das beim ersten Lesen meine Wahrnehmung – während die dagegen gerechneten Kosten für die zusätzlichen SEO-Maßnahmen ganz offensichtlich einmalige Kosten sind. Möchte man also den Effekt der zusätzlichen SEO-Ausgaben von 24.000 Euro ermitteln, muss man bewerten, was diese Zusatzausgaben insgesamt, also über die gesamte Wirkungszeit der Maßnahmen, erbringen.

Dieser, nennen wir ihn mal „Total Return on Invest“ ist für SEO-Maßnahmen aber ähnlich schwierig zu ermitteln wie für vergleichbare PR-Aktivitäten in der Offline-Welt. Linkaufbau und Onpage-Optimierung zeigen für gewöhnlich Auswirkungen über Jahre hinweg. Allerdings machen es die im Originalartikel sehr schön dargestellten nicht kontrollierbaren Einflussgrößen (von Googles Algorithmusänderungen bis zum Fußball-Sommermärchen) mit zunehmender Fortdauer immer schwieriger, den aktuellen Suchmaschinentraffic ursächlich auf die Auswirkungen der früheren SEO-Maßnahmen zurückzuführen.

Deshalb halte ich die Aussagekraft der möglichen Messgrößen für SEO-Kampagnen für recht beschränkt. Woher weiß ich denn im oben geschilderten A-B-Szenario, dass die zusätzlichen gut 14.000 Klicks auf die 24.000 Euro teure SEO-Kampagne zurückzuführen sind? Womöglich haben ein, zwei hochwertige Links, die der Geschäftsführer auf dem Golfplatz seinem Kollegen abgeschwatzt hat zu verbesserten Positionen und damit zur gemessenen Steigerung der Klicks geführt. Und warum kann ich umgekehrt davon ausgehen, dass die 25.000 Klicks im A-Szenario wirklich eingetreten wären? Vielleicht stand der Website gerade ein deutlicher Absturz in Google bevor, der durch die neuen Maßnahmen eben noch aufgefangen wurde.

Auf den Punkt gebracht heißt das: Für SEM-Kampagnen kann ich derartige Rechnungen wunderbar anstellen, da ich die entscheidenden Größen punktgenau kontrollieren kann. Damit ist es möglich, für ein A-B-Szenario die Fälle A und B einzeln durchzuspielen und die Ergebnisse zu vergleichen. Natürlich kann ich ein derartiges A-B-Szenario auch im SEO-Business durchrechnen, aber ich kann immer nur einen der beiden Fälle realisieren. Für einen Vergleich muss ich die Ergebnisse des anderen, nicht realisierten Falls schlicht und ergreifend schätzen. Die Güte meiner Berechnung hängt dann aber komplett von der Genauigkeit meiner Schätzung ab, die ich aber prinzipbedingt niemals überprüfen kann.

Das soll nun aber nicht bedeuten, dass ich für SEO-Maßnahmen jede Return on Invest-Betrachtung ablehne; das wäre für einen Consultant eine recht schwierige Haltung. Ich muss aber mir – und vor allem den Kunden – klar machen, dass derartige Rechnungen nur eine höchst grobe Annäherung an die Wirklichkeit sein können.

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Der SEO und die SEOin

2008-07-24

Da stolpere ich doch tatsächlich beim Sichten meiner Trackbacks auf eine wunderschöne SEO-Seite mit dem noch schöneren Namen Nerd in Skirt. Mir gefallen Wortspiele und diese Bezeichnung ist ein herrliches Beispiel für ein verstecktes Oxymoron: Was ist wohl männlicher als ein Nerd – und was weiblicher als ein Rock?

Aber natürlich geht’s mir hier nicht um sprachliche Feinheiten, auch nicht um das Faustsche „Ewig-Weibliche“, das uns (Männer natürlich) anzieht, sondern um die seltene Inkarnation eines weiblichen SEOs. Ja, ich weiß, fast schon wieder ein Oxymoron. Warum aber beschäftigt mich diese Fragestellung? In meinem aktuellen Projekt geht’s um ein sogenanntes „frauenaffines Portal“ und meine Auftraggeber fragten mich, ob ich denn dafür nicht auch nach weiblichen SEOs Ausschau halten könnte; worauf ich aber nur zurückhaltend lächeln konnte. Schließlich sind wir froh, wenn wir überhaupt einen SEO finden, da nehmen wir sogar Männer.

Offensichtlich beschäftigt das Thema auch „Nerd in Skirt“, so sehr sogar, dass sie einen wundervollen Artikel über die Männlichkeit von SEO geschrieben haben. Anlass ist natürlich das rein auf Männerfreuden getrimmte Mediadonis’sche SEOktoberfest. Und der Artikel schließt mit dem Aufruf an alle SEO-Frauen, sich zum SEO-Frauen-Networking zu melden. Dem kann ich mich nur anschließen, denn es würde der Professionalisierung der Branche sicherlich gut tun, wenn mehr Frauen vertreten wären – und sich in Blogs oder auf Konferenzen zeigen würden.

Als meinen kleinen Beitrag dazu die Liste der SEO-Frauen-Sites, die ich kenne:
Nerd in Skirt
SEOwoman
optimierung.net (Gerda von Radetzky)

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Wikipedia auf noindex, nofollow gesetzt

2008-07-23

Wie Mario festgestellt hat, sind (fast?) alle Seiten von Wikipedia derzeit mit noindex,nofollow gekennzeichnet:
<meta name="robots" content="noindex,nofollow" />

Damit sollten die Wikipedia-Seiten über kurz oder lang aus den Datenbeständen der Suchmaschinen fliegen; ob dies wirklich beabsichtigt ist, darf daher bezweifelt werden. Denn natürlich sind die Wikipedia-Inhalte für viele allgemeine Suchanfragen die perfekte Antwort. So wird denn auch in Marios Kommentaren fleißig darüber debattiert, dass es sich nur um einen Fehler handeln könne.

Matthias schreibt in seinem Blog, er hätte Informationen, dass es ein temporäres Problem mit dem Cache sei, gibt aber nicht an, woher er diese Vermutung hat. Wird sicher spannend zu sehen, wie schnell das Problem behoben wird, ob es Auswirkungen bei Google hat – oder ob das vielleicht doch volle Absicht war.

Update 19.08.2008:
Ich habe mir heute nochmals einige Seiten der deutschen Wikipedia angesehen. Bei keiner einzigen Seite tauchte der noindex-Tag mehr auf. Offenbar handelte es sich um einen Fehler, der inzwischen behoben wurde.

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Warum findet Yahoo Yahoo! Boss nicht?

2008-07-10

Yahoo hat gestern Yahoo! Boss gestartet, einen Dienst, mit dem Webmaster sehr weitreichend auf den Yahoo-Index zugreifen und ihn für eigene Anwendungen nutzen können. Ich möchte hier aber gar nicht großartig auf die Möglichkeiten dieses Dienstes eingehen, das machen bereits andere. Mich hat vielmehr etwas anderes fasziniert: Suche ich heute in Google nach [yahoo boss], spuckt mir der Marktführer auf Platz eins den Link zur Yahoo! Boss-Seite aus. Bravo.

Und was macht Yahoo? Auf dem Platz an der Sonne tummelt sich eine Seite von Yahoo! Musik:

Yahoo! Musik ist der beste Ort für Infos über Boss, inklusive Klingeltönen, videos, discography, ähnlichen Bands, fans und mehr

Auf den weiteren Plätzen kommen dann die Aktienkurse von BOSS MEDIA und HUGO BOSS auf Yahoo! Finanzen. Yahoo! Eurosport steuert dann Treffer zum DTM-Boss bei. Aha. Und so geht’s weiter: Gruner+Jahr verpflichten den ehemaligen Yahoo-Boss, der Madrid-Boss sagt irgendwas über Ronaldo und Yahoo! Answers informiert mich über den BeatBoss. Auf der zweiten Seite kommt sogar noch ein Mafia-Boss auf Yahoo! News zu seinem Recht und sogar das Yahoo! Profil eines Herrn(?) bossmueller wird nicht verheimlicht.

Doch vom eben gestarteten hauseigenen Dienst mit just diesem Namen ist nichts zu finden. Vielleicht hätte jemand aus dem Yahoo! Boss-Team dem Yahoo! Index-Team mal einen Hinweis geben sollen. Oder einfach eine Frage in Yahoo! Answers einstellen: „Warum findet Yahoo Yahoo! Boss nicht?“

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Der Mythos Suchmaschinenoptimierung stirbt nicht aus

2008-07-08

Als ich mich Ende der Neunziger zum ersten Mal mit Suchmaschinenoptimierung befasst habe, fühlte ich mich wie Indiana Jones. Es gab große Geheimnisse zu ergründen und die Hinweise, wo denn der Ranking-Schatz liegt, waren dürftig, missverständlich und oftmals einfach nur falsch. Seither hat sich die Situation komplett geändert. Es gibt zig SEO-Bücher, viele SEO-Tutorials, Unmengen SEO-Blogs- und sogar eine SEO-Video-DVD …

Da verwundert es mich immer wieder, wie geheimnisumwittert, ja gerade zu mystisch Suchmaschinenoptimierung heute immer noch ist. Ich betreue zur Zeit die SEO-Aspekte beim Launch eines großen Portals; einer der dortigen Kollegen fragte mich, was denn genau SEO bedeuten würde. Als ich von Keyword-Recherche erzählte, vom Aufbau einer sinnvollen Site-Struktur und vom Verteilen der Inhalte auf Landing Pages, erntete ich überraschte Blicke. Offenbar erwartete mein Kollege ganz andere Antworten: Hätte ich erzählt, dass die Keyword-Dichte genau 2,77 Prozent betragen müsse – außer in Schaltjahren, wo 2,94 Prozent der korrekte Wert wäre – sein Weltbild wäre nicht erschüttert worden. Aber dass ein Suchmaschinenoptmierer sich mehr mit der Website-Architektur befasst als mit dem Feintuning höchst geheimer Metatags, das war vollkommen neu für ihn.

Ebenfalls nicht auszurotten ist der Glaube, SEO könne problemlos auf eine beliebige, vorhandene Website quasi aufgesattelt werden. Da schreibt doch Joachim Graf von iBusiness – also jemand, der es eigentlich besser wissen sollte – tatsächlich gestern in einem Kommentar:

Man beauftragt SEO und gut ist.

Und gut ist? Wenn’s nur so einfach wäre. Natürlich, wenn die Website bereits sinnvoll strukturiert ist und wenn gute Inhalte vorhanden sind, kann’s tatsächlich so einfach sein. Dann zwingt man den Administrator mit vorgehaltener Pistole dazu, mod_rewrite zu installieren und stellt das URL-Schema des CMS auf Permalinks um. Der Optimierer bastelt dann noch etwas am Seitentemplate herum – und von da an befasst sich die Kampagne nur mehr mit Linkaufbau.

Aber in den meisten Fällen sind die Voraussetzungen eben nicht so günstig. Da sind dann alle wesentlichen Inhalte auf einer Seite mit dem Titel „Produkte“ zusammengepfercht. Und die für den Long Tail so wichtigen Details werden per AJAX nachgeladen – wovon sich der Produktmanager selbst mit vorgehaltener Pistole nicht abbringen lässt, weil er AJAX so cool findet. Oder es gibt den umgekehrten Fall, bei dem für ein zentrales Keyword gleich drei Landing Pages existieren und im ganzen Konzern findet sich niemand, der entscheiden kann oder mag, welche dieser Seiten denn nun als die eine zentrale Zielseite benutzt werden soll. „Man beauftragt SEO und gut ist“ – stimmt schon, gut für den Optimierer, der in solchen Fällen dann zig Tagessätze abrechnen kann. (Zur Ehrenrettung des Herrn Graf möchte ich anmerken, dass die restlichen Aussagen in seinem Kommentar sehr wohl zutreffen oder zumindest interessante Diskussionsansätze darstellen.)

Wie missverstanden Suchmaschinenoptimierung immer noch wird, zeigen auch die Reaktionen auf den diversen Konferenzen; seit Jahren höre ich, dass es nichts Neues zu hören gebe, dass die „wahren Tricks“ nicht verraten würden. Doch, die wahren Tricks werden verraten, seit Jahren, auch auf der SES oder SMX oder wie sie heißen. Die wahren Tricks heißen: Lerne dein fucking Handwerk und wende es an! Wenn Mediadonis mit einem einzigen Post ein paar tausend Links abstaubt, hat das nichts damit zu tun, dass er einen geheimen Metatag <meta name="linkbuilding" content="Hey you, dude, link to me! Now!"> einbauen würde, sondern mit gutem Inhalt. Content. Contenido. Contenuto. Contenu. Und genau davon handeln seit Jahren die Vorträge, in diversen Variationen natürlich. Aber mehr gibt’s auch nicht zu erzählen: Setz‘ dich hin und mach’s einfach. Das ist der ganze Trick.

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Nichts Neues in der SEO-Branche!?

2008-07-06

Ich höre bereits seit langem, aber in letzter Zeit besonders häufig, dass es in der SEO-Branche nicht Neues gäbe. Die einen glauben an ein Sommerloch, die anderen an ein prinzipielles Persönlichkeitsdefizit des deutschen SEOs und wieder andere starten gleich ne eigene SEO-Un-Konferenz angesichts der Immer-Gleichen-S-Irgendwas-Konferenzen. Aber ist die Analyse wirklich zutreffend? Gibt es wirklich nichts Neues mehr in der Branche und in den Blogs?

In der Tat sind die wesentlichen Zutaten für eine erfolgreiche Suchmaschinenoptimierung hinlänglich bekannt: Man baue ein gut optimiertes HTML-Template (klassische Onpage-Optimierung), verteile und verlinke seine Inhalte sinnvoll auf der Website (Informationsarchitektur) und sorge für viele Links (Offpage-Optimierung). Und selbst wenn im Bereich der Onpage-Optimierung mancher SEO seine Hausaufgaben nicht perfekt gemacht hat – egal, so lange er gutes Linkbuilding betreibt, kann er Mängel in der Onpage-Optimierung durchaus wettmachen.

Und da kommen wir auch schon zum Kern des exzessiven SEO-Netzwerkens: Weil sich so viel ums Linkbuilding dreht, sind viele SEOs mit großem Eifer am Netzwerken. Denn ein intensiver Austausch untereinander erleichtert das Linkbuilding dann doch erheblich. Auf den einschlägigen Partys erhält man um so mehr gute Linktipps, je länger man durchhält – und je besser man die Typen kennt, die ebenfalls lange durchhalten. Davon landet allerdings, und hier ist die Kritik berechtigt, wenig in den SEO-Blogs. Aber viele dieser Tipps sind kaputt, sobald zu viele davon wissen; und Google liest ja schließlich auch mit. Natürlich dreht man sich hier mit der Zeit im Kreis und irgendwann wird dem doch recht abgeschotteten Zirkel die Kreativität ausgehen; doch ist derzeit davon noch nicht viel zu spüren.

Sicherlich würde der SEO-Szene frisches Blut gut tun. Vielleicht helfen dafür ja Veranstaltungen wie sie Marco mit dem SEO-Campixx plant. Schade nur, dass dieses BarCamp erst im kommenden Frühjahr stattfindet. Und neue Blickwinkel einzunehmen lohnt sich ebenfalls immer. So wird das Thema „Informationsarchitektur“ noch viel zu stiefmütterlich behandelt – auch wenn Jens nicht müde wird, das Thema immer wieder zu promoten. Und mit Alexander Holl hat ein alter Szenekenner ein Blog gestartet, das zwar kein reinrassiges SEO-Blog ist, aber Suchmaschinenoptimierung aus einer betriebswirtschaftlichen Ecke betrachtet.

Wer jede Woche einen Knallerartikel a la „H1 für Google uninteressant“ erwartet, muss zwangsläufig enttäuscht werden. Außerdem richtet sich nicht jeder Artikel in einem SEO-Blog an Profi-SEOs! Ich halte es für absolut legitim, auch für die vielen Viertel- und Halb-SEOs, also Marketingmanager und Webdesigner, Inhalte zu präsentieren. So lange auf der SES-Konferenz Teilnehmer ihre Fragen einleiten mit Sätzen wie „Diese Tag-Cloud, die Sie gezeigt haben, habe ich auch schon ein- oder zweimal gesehen im Internet“, gibt es noch sehr viel Bedarf für Aufklärung auf Basisniveau.

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